Autor: Bernhard Aumann

Angesichts des Klimawandels rückt neben der Emissionsreduktion vor allem auch die aktive Entnahme von CO₂ aus der Atmosphäre in den Fokus. Doch wie lässt sich Kohlendioxid langfristig der Luft entziehen und sicher speichern? Das Projekt "CO₂-Schatz Artland" zeigt einen vielversprechenden Weg auf: Durch die Kombination von naturbasierten Lösungen mit modernster Technik – konkret der Pyrolyse – wird CO₂ in stabiler Form im Boden gebunden und gleichzeitig die Bodenqualität verbessert. Dieses Vorzeigeprojekt der tgo AG demonstriert praxisnah, wie hochwertiger, messbarer Klimaschutz aussehen kann: Landwirtschaft, erneuerbare Energie und Kohlenstoffspeicherung greifen dabei Hand in Hand. Im Folgenden beleuchten wir die Rolle der Pyrolyse bei der CO₂-Bindung, erklären das Konzept des CO₂-Schatz Artland und zeigen, wie Pflanzenkohle (Biochar) als dauerhafter Kohlenstoffspeicher wirkt. Zudem werfen wir einen Blick auf die wissenschaftliche Qualitätsanalyse durch FUSINITE – inklusive moderner Kennzahlen wie OI, HI, S2, S3 und Ro – und die beteiligten Experten wie Hamed Sanei. Auch die eingesetzte Pyrolyseanlage von Guntamatic wird als Beispiel innovativer Technik vorgestellt.

Pyrolyse – uralte Technik für modernen Klimaschutz

Was ist Pyrolyse? Pyrolyse ist ein thermochemisches Verfahren, bei dem organisches Material (Biomasse) unter Ausschluss von Sauerstoff und bei hohen Temperaturen verkohlt wird. Im Grunde handelt es sich um die kontrollierte Herstellung von Holzkohle bzw. Pflanzenkohle. Bereits vor Jahrtausenden nutzten Menschen ähnliche Methoden, um Holzkohle zu erzeugen – etwa zur Bodenverbesserung in der Terra Preta im Amazonasgebiet​. Heutzutage wird dieses traditionelle Prinzip mit High-Tech-Anlagen neu belebt​. Bei Temperaturen von typischerweise 400–750 °C spaltet Pyrolyse die komplexen organischen Kohlenstoffverbindungen der Biomasse in verschiedene Produkte auf: Ein Teil wird als Pyrolyse-Gas und -Öl freigesetzt (und kann als Energiequelle dienen), der Rest bleibt als feste Pflanzenkohle zurück​. Diese Pflanzenkohle ist reich an elementarem Kohlenstoff, porös und sehr widerstandsfähig gegen Zersetzung.

Relevanz für den Klimaschutz: Normalerweise geben Pflanzen beim Verrotten oder Verbrennen den gespeicherten Kohlenstoff wieder als CO₂ in die Atmosphäre ab​. Pyrolyse unterbricht diesen Kreislauf auf clevere Weise: Ein großer Teil des Kohlenstoffs wird in stabile, feste Form überführt, anstatt wieder entweichen zu können​. Im Ergebnis kann so CO₂ dauerhaft der Atmosphäre entzogen werden – man spricht von negativen Emissionen, da netto CO₂ aus dem Kreislauf entfernt wird​. Wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen, dass die bei der Pyrolyse entstehende Kohlenstoffstruktur extrem langlebig ist: Durch die Verkohlung entstehen hoch aromatische, polymerisierte Kohlenstoffverbindungen, die in Böden über viele Jahrhunderte, teils Jahrtausende stabil bleiben und nur sehr langsam abgebaut werden​. Genau das macht Pyrolyse zu einer wichtigen naturbasierten Klimaschutz-Technologie: Sie nutzt nachwachsende Biomasse (Natur) und wandelt sie mit Technik in einen permanenten Kohlenstoffspeicher um. Die Klimarelevanz ist enorm – dieser Prozess wurde daher in jüngerer Zeit verstärkt als praktikable CO₂-Entnahme-Lösung erkannt. Neue Studien heben hervor, dass Biochar (Pflanzenkohle) als dauerhafte CO₂-Senke bisher unterschätzt wurde und wesentlich zum Klimaschutz beitragen kann​.

Nebenbei liefert Pyrolyse wertvolle Energie: Die entstehenden Gase und Öle können verbrannt oder verstromt werden. In vielen Pyrolyse-Anlagen wird die freiwerdende Energie direkt genutzt, etwa zur Wärmeversorgung. Dadurch ersetzt man fossile Brennstoffe und erzielt eine doppelte Klimawirkung – Emissionseinsparung und CO₂-Entnahme. Kurzum, Pyrolyse verbindet Klimaschutz mit Energieerzeugung und Ressourceneffizienz.

CO₂-Schatz Artland – Agroforst und Biochar als CO₂-Senke

Ein praktisches Beispiel für diese Strategie ist das Projekt CO₂-Schatz Artland in Niedersachsen. Hier wird gezeigt, wie man auf landwirtschaftlichen Flächen durch kluge Bewirtschaftung und Pyrolyse echte CO₂-Speicherung betreibt, kombiniert mit Biodiversitätsförderung und regenerativer Energiegewinnung. Konkret kommen im CO₂-Schatz Artland folgende Bausteine zum Einsatz:

  • Agroforstsysteme: Auf dem Forsthof Artland wachsen Bäume (z.B. Pappeln) in Kombination mit landwirtschaftlichen Flächen. Auf rund 15 Hektar werden Gehölze in das Hofland integriert​. Diese Bäume nehmen Jahr für Jahr CO₂ aus der Luft auf und bauen es in Form von Holz und Wurzeln ein. Gleichzeitig schützen sie den Boden vor Erosion, spenden Schatten und fördern die Biodiversität. Das Holz aus den regelmäßigen Rückschnitten dient später als Rohstoff für die Pyrolyse.
  • Dauerkulturen: Statt die Felder ausschließlich mit einjährigen Kulturen zu bestellen, setzt das Projekt auf mehrjährige Pflanzen. Ein Beispiel ist die Durchwachsene Silphie, eine hochwüchsige Energiepflanze, die mehrere Jahre auf dem Feld bleibt​. Dauerkulturen wie Silphie haben tiefe Wurzelsysteme und sorgen für Humusaufbau im Boden – sie speichern also ebenfalls CO₂ und verbessern die Bodenstruktur. Zudem liefern sie jährlich Biomasse (etwa in Form von Schnittgut), ohne dass umgepflügt und neu eingesät werden muss. Diese Biomasse kann zum Teil ebenfalls in die Pyrolyse einfließen.
  • Blühstreifen und Biodiversitätsflächen: Rund 5 Hektar der Fläche am Forsthof Artland sind als Blühflächenausgewiesen​. Diese artenreichen Wiesenstreifen bieten Lebensraum für Insekten und Wildtiere – ein Plus für die Biodiversität. Sie werden ein- bis zweimal jährlich schonend gemäht, damit sich ein vielfältiger Kräuterbestand etabliert. Das geerntete Mähgut ist aber kein Abfall, sondern wird weiterverwendet: Es wird mit der entstehenden Pflanzenkohle vermischt und unter Luftabschluss fermentiert(vergelichbar mit einer Kompostierung). Nach einigen Monaten entsteht daraus ein Terra-Preta-ähnlicher Boden – eine humus- und kohlenstoffreiche Schwarzerde​. Diese kommt wieder zurück auf die Felder (unter die Pappeln und Silphie), verbessert dort die Bodengesundheit und bindet den Kohlenstoff langfristig in der Erde. So schließt sich der Kreis auf elegante Weise.
  • Pyrolyse und Biochar: Das Herzstück des Projekts ist eine 75 kW-Pyrolyseanlage (Pilotanlage von Guntamatic) auf dem Hof​. Sie wird derzeit mit Holzhackschnitzeln aus Restholz und Landschaftspflege-Material betrieben und soll künftig vor allem das Holz aus den eigenen Agroforstbäumen verwerten​. Die Anlage erzeugt Wärme, mit der die historischen Hofgebäude (ca. 650 m² Wohn- und Bürofläche) vollständig beheizt werden​ – damit benötigt der Forsthof kein Erdgas mehr und ist energieautark. Gleichzeitig produziert die Anlage Pflanzenkohle: etwa 20–25 % der eingesetzten Biomasse verbleiben als feste Kohle. Diese Pflanzenkohle wird, wie oben beschrieben, vor Ort in den Boden eingebracht (über die Mischung mit dem Blühstreifen-Mahdgut und Fermentation zu Terra Preta). Auf diese Weise wird Kohlenstoff, der zuvor der Luft entzogen wurde, dauerhaft im Boden gespeichert. Die Pyrolyseanlage läuft bereits erfolgreich und wird in den ersten Betriebsmonaten feinjustiert, um ein optimales Endprodukt (hochwertige Pflanzenkohle) zu erzielen​.

Durch dieses integrative Konzept fungiert der CO₂-Schatz Artland als lebender Kohlenstoffspeicher: Bäume und Pflanzen ziehen CO₂ aus der Atmosphäre, die Pyrolyse verwandelt einen Teil der Biomasse in stabilen Kohlenstoff, und dieser wandert in den Boden, wo er nicht mehr als Treibhausgas entweichen kann. Zugleich entstehen Nebeneffekte, die dem Hof und der Umwelt zugutekommen: fruchtbarere Böden, höhere Biodiversität und erneuerbare Wärmeenergie. Es handelt sich somit um ein Modellprojekt für Carbon Farming, bei dem Landwirtschaft und Klimaschutz vereint werden. Das Projekt wird auch wissenschaftlich begleitet (u.a. im Rahmen von trafo:agrar, einem Verbund zur Transformationsforschung in der Landwirtschaft​, um die genauen CO₂-Einspar- und Bindeeffekte zu erfassen. Gemeinsam mit Partnern – etwa der lokalen Kreissparkasse als Förderer und der tgo AG als Entwickler – wird an der Zertifizierung der CO₂-Speicherung gearbeitet​. So soll sichergestellt werden, dass die erzielten Klimaleistungen messbar und handelbar werden, z.B. in Form von hochwertigen CO₂-Zertifikaten für Unternehmen mit ESG-Zielen.

Biochar: stabile Kohlenstoffspeicherung und bessere Böden

Ein zentrales Element beim CO₂-Schatz Artland ist die Pflanzenkohle (Biochar), die durch Pyrolyse gewonnen wird. Warum ist gerade sie so wichtig? Pflanzenkohle besitzt besondere Eigenschaften, die sie gleichzeitig zu einem hervorragenden Kohlenstoffspeicher und wertvollen Bodenverbesserer machen.

Langlebigkeit: Durch die Verkohlung wird Biomasse in einen beinahe reinen Kohlenstoff umgewandelt, der strukturell dem natürlichen Kohlenstoff in Kohle ähnelt. Dieser „pyrogene“ Kohlenstoff ist mikrobiell kaum noch abbaubar. Während frische Biomasse innerhalb von Jahren oder Jahrzehnten verrotten würde, kann Pflanzenkohle über Jahrhunderte bis Jahrtausende im Boden verbleiben​. Funde der Terra Preta im Amazonas (teils über 1000 Jahre alte Schwarzerde) belegen eindrucksvoll, wie dauerhaft solche verkohlten Rückstände im Boden überdauern, ohne ihren Kohlenstoff wieder abzugeben​. Aktuelle Forschungen gehen sogar davon aus, dass qualitativ hochwertige Biochar unter bestimmten Bedingungen für geologische Zeiträume stabil bleiben kann​ – also CO₂ nahezu permanent der Atmosphäre entzogen ist. Diese außerordentliche Stabilität macht Biochar zu einer verlässlichen Methode der CO₂-Entnahme (Carbon Dioxide Removal), die im Gegensatz zu manch anderen Methoden nicht das Risiko birgt, dass der Kohlenstoff bald wieder freigesetzt wird.

Bodenverbesserung: Neben der Klimawirkung hat Pflanzenkohle einen unmittelbar praktischen Nutzen für die Landwirtschaft. Aufgrund ihrer porösen Struktur kann sie Wasser und Nährstoffe speichern und bietet Lebensraum für Bodenmikroorganismen​. Wird Biochar in den Boden eingebracht (oft in Kombination mit Kompost oder Gülle, damit sie sich mit Nährstoffen "auflädt"), verbessert sie die Bodenfruchtbarkeit nachhaltig. So können Terra-Preta-ähnliche Böden geschaffen werden, die fruchtbarer sind und höhere Erträge liefern. Im Projekt Artland zeigte sich z.B., dass die mit Pflanzenkohle fermentierte Biomasse aus den Blühstreifen einen sehr humusreichen Boden ergibt, der auf den Agroforst-Parzellen ausgebracht die Wachstumsbedingungen für Pappeln und Silphie optimiert​. Zudem erhöht Pflanzenkohle die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens – ein Segen in Trockenzeiten – und bindet Überschüsse an Dünger, sodass Nährstoffe langsamer und bedarfsgerechter an die Pflanzen abgegeben werden​. Dadurch sinkt mittelbar der Dünge- und Pestizidbedarf, was Umwelt und Grundwasser schont​. Die Einbringung von Pflanzenkohle kann also zu gesünderen, resilienteren Böden führen. Für Landwirte ergibt sich ein doppelter Vorteil: Sie leisten aktiven Klimaschutz und verbessern gleichzeitig die Produktivität und Nachhaltigkeit ihrer Flächen.

Verwendungsmöglichkeiten: Im CO₂-Schatz Artland wird die Biochar primär zur Humusbildung auf den eigenen Feldern genutzt (Terra Preta Methode). Darüber hinaus gibt es viele weitere Anwendungsmöglichkeiten für hochwertige Pflanzenkohle – von der Viehwirtschaft (als Futterzusatz oder Stalleinstreu zur Geruchsbindung) über den Kompostierungszusatz bis hin zur Verwendung in Baustoffen oder Filtermaterialien. All diese Anwendungen binden den Kohlenstoff ebenfalls langfristig und erzeugen zusätzliche Nutzen. Im Kontext des Projekts steht jedoch die Kohlenstoffspeicherung im Boden an erster Stelle.

Zusammenfassend ist Biochar in diesem Projekt der "CO₂-Schatz" im Boden – ein schwarzes Gold, das aus Abfällen und Reststoffen gewonnen wird und für Klima wie Boden gleichermaßen wertvoll ist.

Wissenschaftliche Analyse und Qualitätssicherung durch FUSINITE

Damit die CO₂-Bindung durch Pflanzenkohle tatsächlich als Klimaschutzmaßnahme anerkannt wird, kommt es auf die Qualität und Stabilität der erzeugten Kohle an. Nicht jede verkohlte Biomasse ist automatisch ein dauerhaftes CO₂-Depot – entscheidend sind z.B. der Verkohlungsgrad, die chemische Zusammensetzung und die Resistenz gegen Abbau. Im Projekt CO₂-Schatz Artland wird deshalb eng mit dem Spezialunternehmen FUSINITEzusammengearbeitet, um die Pflanzenkohle wissenschaftlich zu analysieren und zu zertifizieren. FUSINITE ist darauf spezialisiert, die Kohlenstoff-Permanenz von Biochar mittels modernster Labormethoden zu beurteilen.

Analyseparameter: Ein ganzes Bündel an Kennzahlen gibt Aufschluss darüber, wie stabil und hochwertig eine Charge Biochar ist. Dazu gehören unter anderem:

  • H/C-Verhältnis (Wasserstoff-zu-Kohlenstoff-Verhältnis): Dieser molare Quotient gilt als einfacher Indikator für die Aromatizität der Kohle. Je niedriger das H/C-Verhältnis, desto höher der Anteil an kondensierten aromatischen (Graphit-ähnlichen) Strukturen. Starke Biochars liegen oft bei H/C < 0,5. Im Falle der Artland-Kohle wurde ein extrem niedriges H/C von 0,12 gemessen​ – ein Hinweis auf einen sehr hohen Verkohlungsgrad (nahezu keine wasserstoffhaltigen, leicht abbaubaren Moleküle mehr vorhanden).
  • O/C-Verhältnis bzw. OI (Sauerstoff-Index): Analog zum H/C verhält es sich mit dem Anteil an Sauerstoff im Kohlenstoffgerüst. Ein niedriger O₂-Anteil (bzw. niedriger Oxygen Index) zeigt, dass wenig oxidierbare Gruppen vorhanden sind – auch das spricht für eine lange Haltbarkeit.
  • Hydrogen Index (HI) und Oxygen Index (OI): In der Geochemie werden HI und OI oft aus sogenannten Rock-Eval-Pyrolyse-Tests abgeleitet. Sie geben an, wie viel Wasserstoff bzw. Sauerstoff im Verhältnis zum organischen Kohlenstoff gebunden ist. Ein hoher HI/OI deutet auf noch vorhandene, leichter abbaubare organische Anteile hin, während ein niedriger HI und OI die starke Aromatisierung und thermische Reife der Kohle anzeigen​.
  • S2 und S3 Werte: Dies sind Kenngrößen aus der analytischen Pyrolyse (Rock-Eval) und stehen für die Freisetzung von Kohlenwasserstoffen (S2) bzw. CO₂ (S3) beim Aufheizen der Probe. Sie erlauben Rückschlüsse auf verbleibende volatile bzw. reaktive Bestandteile in der Pflanzenkohle. Eine hochwertige, stabile Biochar hat typischerweise ein sehr geringes S2- und S3-Signal, da kaum noch zusätzliche flüchtige Kohlenstoffverbindungen freigesetzt werden können – das Material ist quasi "ausgepyrolysiert".
  • Reflektanz (Ro-Wert): Hierbei handelt es sich um einen petrografischen Indikator, der aus der Kohleforschung entlehnt ist. Unter dem Mikroskop wird die Lichtreflexion der Kohlepartikel gemessen. Stark verkohlter, graphitischer Kohlenstoff reflektiert mehr Licht (höherer %Ro) als wenig verkohlter. Dieser random Reflectance (Ro) wird als objektives Maß für den Aromatisierungsgrad genutzt​. Studien zeigen z.B., dass Biochars ab einer bestimmten Temperatur einen Ro-Wert >4% erreichen – ein Bereich, der natürlichem Kohlenstoff in sehr altem, inertem Humus oder sogar Kohle (Fusinit) entspricht​. Im Labor kann so direkt bestimmt werden, welcher Anteil der Pflanzenkohle bereits die Qualitäten von Inertinite (chemisch inertem Kohlenstoff) aufweist.

FUSINITE wendet ein ganzheitliches Carbon Storage Security (CSS)-Analytikpaket an, das genau solche Parameter auswertet, um die Kohlenstoffstabilität zu bestimmen​. Dahinter steckt die Erkenntnis aus der Forschung von Prof. Hamed Sanei und Kollegen, dass Biochar dann am dauerhaftesten ist, wenn sie weitgehend in die Form von Fusinit/Inertinit überführt wurde – das ist der stabilste natürliche Kohlenstoff, den wir aus erdgeschichtlicher Perspektive kennen​. Sanei prägte in diesem Zusammenhang den Begriff des Inertinite-Benchmarks für Biochar: Er dient als Referenz für permanente Kohlenstoffspeicherung, an dem sich neue Biochar-Produkte messen lassen​. Mit anderen Worten: Je näher die Eigenschaften der Pflanzenkohle an natürlichem Fusinit sind (hinsichtlich Ro, H/C, etc.), desto sicherer kann man sein, dass der Kohlenstoff über geologische Zeiträume gebunden bleibt​.

Ergebnisse und Bedeutung: Die Analysen der Artland-Pflanzenkohle durch FUSINITE zeigen exzellente Werte. So beträgt der organische Kohlenstoffgehalt der Kohle etwa 72 Gewichts-% (auf Trockenbasis) – ein sehr hoher Wert, der die Kohle zu einem effektiven CO₂-Speicher macht. Ein besonders wichtiger Befund ist der hohe Anteil an inertem Kohlenstoff: Laut FUSINITE-Auswertung fallen ca. 89 % der organischen Kohlenstoffanteile in die Kategorie Inertinit​. Das heißt, der größte Teil der Kohle besteht bereits aus chemisch sehr stabilem Material. Dieser Wert liegt sogar über dem Durchschnitt vieler kommerzieller Biochars – eine Studie fand etwa ~76 % Inertinit-Anteile bei diversen Proben​ – was die Qualität der Artland-Kohle unterstreicht. Die extrem niedrigen H/C- und HI-Werte sowie ein hoher Ro-Wert bestätigen dieses Bild: Die erzeugte Biochar ist von hoher Reinheit und Dauerhaftigkeit. Für das Klimaschutzziel bedeutet dies, dass der gebundene Kohlenstoff mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr als CO₂ entweichen wird. Diese messbare Dauerhaftigkeit ist ein entscheidender Faktor, damit aus der Pflanzenkohle verlässliche CO₂-Zertifikategeneriert werden können, die Unternehmen auf ihre Klimabilanz anrechnen oder Investoren handeln können.

Expertise durch Hamed Sanei: Um höchste wissenschaftliche Standards zu gewährleisten, arbeitet FUSINITE mit einem technischen Beirat führender Fachleute zusammen. Einer davon ist Prof. Dr. Hamed Sanei (Aarhus University, Dänemark), ein weltweit anerkannter Experte für organische Geochemie und Kohlenstoffstabilität​. Er leitet das Lithospheric Organic Carbon Laboratory und hat durch bahnbrechende Forschungsarbeiten maßgeblich dazu beigetragen, Kriterien für die Biochar-Permanenz zu definieren. Seine Forschung führte u.a. zur Einführung des oben genannten Inertinite-Benchmarks​, der nun von Zertifizierungsstandards aufgegriffen wird. Die Einbindung von Experten wie Sanei stellt sicher, dass die im Projekt gewonnenen Daten und Zertifizierungen wissenschaftlich fundiert und international anerkannt sind. So wird aus einer lokalen Klimaschutzmaßnahme ein überprüfbarer, glaubwürdiger CO₂-Senkenbeitrag, der auch strengen ESG-Anforderungen standhält.

Moderne Pyrolysetechnik: Die Guntamatic-Pflanzenkohle-Heizung

Innovative Technologie ist ein weiterer Erfolgsfaktor im CO₂-Schatz Artland. Zum Einsatz kommt eine Guntamatic Powerchip Biochar-Anlage mit 75 kW Leistung – ein Pilotmodell, das zu den modernsten Pyrolysesystemen am Markt zählt​. Guntamatic, ein österreichischer Biomasseheizungs-Hersteller, präsentiert diese Anlage als „CO₂-Minus-Technologie“ und sogar als Weltneuheit für die Landwirtschaft​. Das Besondere daran: Die Anlage funktioniert im Prinzip wie eine normale Hackschnitzelheizung zur Gebäudeheizung, erzeugt dabei aber gleichzeitig Pflanzenkohle. Bis zu 25 % der zugeführten Holzhackschnitzel verbleiben als feste Kohle im Aschebehälter​. Diese Kohle wird im System direkt in einen Behälter ausgetragen – z.B. kann sie in eine Güllegrube fallen, wo sie Nährstoffe aufnimmt – und kann von dort aus leicht weiterverwendet werden​. Für den Betreiber bedeutet das: Wärmeversorgung und Kohlenstoffproduktion laufen vollautomatisch nebeneinander. Die Anlage im Artland zeigt anschaulich, wie ein landwirtschaftlicher Betrieb seine eigene kleine Kohlenstoffsenke betreiben kann, ohne auf Wärmeenergie verzichten zu müssen. Im konkreten Fall deckt die 75 kW-Anlage den Heizbedarf des Hofes und erzeugt zugleich wertvolle Pflanzenkohle für die Böden – eine echte Win-Win-Situation.

Die Guntamatic-Pyrolyseanlage zeichnet sich durch hohe Effizienz und Flexibilität aus. Sie kann – wie im Artland – mit Restholz oder Agroforst-Hackschnitzeln betrieben werden, perspektivisch aber auch mit anderen Biomassebrennstoffen (z.B. Pellets, Miscanthus etc.). Wichtig ist, dass der Feuchtigkeitsgehalt und die Stückigkeit passen, was durch entsprechende Aufbereitung sichergestellt wird. Mit modernen Steuerungen (Lambdasonden, Sensorik) wird die Verbrennung der Pyrolysegase sauber gesteuert, sodass nur "weißer Rauch" aus dem Schornstein kommt – sprich: kaum Partikelemissionen, was auch den humorvollen LinkedIn-Post zum Anlagenstart erklärt („Weißer Rauch... der Papst der Pyrolyse ist gewählt“ spielte darauf an)​. Guntamatic rechnet vor, dass rein rechnerisch 100.000 solcher Anlagen bis zu 60 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr einlagern könnten​. Das verdeutlicht das Potenzial dieser Technologie im großen Maßstab. Natürlich steht das Konzept noch am Anfang; im Artland läuft eine der ersten Pilotanlagen dieser Art. Die gewonnenen Erfahrungen – etwa bei der Optimierung der Kohlequalität durch Feintuning der Parameter – sind wertvoll für den weiteren Roll-out solcher Systeme.

Dass ein etabliertes Unternehmen wie Guntamatic auf den Zug der Pflanzenkohle setzt, zeigt, wie marktreif die Technologie geworden ist. Es ist kein theoretisches Konzept mehr, sondern praktisch verfügbar. Für Landwirte oder Unternehmen mit Prozesswärmebedarf eröffnet dies die Möglichkeit, Klimaschutztechnologie in die eigene Infrastruktur zu integrieren: Man produziert Wärme und erzielt zugleich zertifizierte CO₂-Entnahmen, was z.B. für Klimabilanz oder zusätzliche Einnahmen durch den Verkauf von CO₂-Zertifikaten interessant ist. Der Forsthof Artland ist hier Pilotanwender einer Technik, die in Zukunft weite Verbreitung finden könnte, um eine klimapositive Landwirtschaft zu ermöglichen.

Fazit: Klimaschutz zum Anfassen – und zum Nachmachen

Der CO₂-Schatz Artland verdeutlicht exemplarisch, wie ganzheitlicher Klimaschutz aussehen kann: Durch Pyrolyse und durchdachte Landbewirtschaftung wird CO₂ nicht nur kompensiert, sondern tatsächlich aus der Atmosphäre entfernt und im Boden vergraben. Das Besondere an diesem Ansatz ist die Mehrfachwirkung: Klima, Boden, Biodiversität und Energieversorgung profitieren gleichzeitig. Landwirtinnen sehen einen fruchtbareren Boden und eine neue Einkommenschance durch Carbon Farming; Unternehmen mit Nachhaltigkeitszielen erkennen eine lokale, glaubwürdige CO₂-Entnahmemöglichkeit; Investorinnen schätzen die solide wissenschaftliche Absicherung und Zertifizierbarkeit; die Politik schließlich kann an solchen Projekten ablesen, wie Klimaziele mittels Innovation und Landwirtschaftspraxis erreicht werden können.

Wichtig ist, dass die Qualität der CO₂-Speicherung an erster Stelle steht. Das Artland-Projekt liefert hier einen Goldstandard, indem es streng wissenschaftliche Kriterien anlegt (von H/C-Verhältnis bis Inertinite-Benchmark) und Partnerschaften mit Experten und Instituten eingeht. Die tgo AG als Entwickler des Projekts unterstreicht damit ihre Kompetenz, hochwertige Klimaschutzmaßnahmen zu konzipieren und umzusetzen. Indem sie Landwirte, Technikhersteller, Wissenschaftler und Finanzpartner zusammenbringt, schafft sie ein Modell, das Schule machen kann.

Klimaschutz muss messbar, dauerhaft und attraktiv für Anwender sein – der CO₂-Schatz Artland erfüllt all diese Anforderungen. Pyrolyse und Biochar entpuppen sich dabei als Schlüsseltechnologien, um CO₂ in greifbare „Schätze“ im Boden zu verwandeln. Es ist Klimaschutz zum Anfassen, direkt auf dem Acker, mit sichtbaren positiven Effekten. Solche Projekte stärken das Vertrauen in naturbasierte Lösungen, denn sie zeigen: Klimaschutz kann konkret, überprüfbar und wirtschaftlich sinnvoll gestaltet werden.

Die Aufgabe für die Zukunft wird sein, diese Erfahrungen weiter zu verbreiten und die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit viele weitere Höfe und Unternehmen ihren eigenen „CO₂-Schatz“ heben können. Der Forsthof Artland liefert uns heute schon einen Schatz – an Erkenntnissen und Inspiration, wie wir gemeinsam Klima und Böden schützen können. Die tgo AG wird diesen Weg weiter ebnen und freut sich darauf, zusammen mit engagierten Partnern noch viele solcher nachhaltigen Innovationen in die Fläche zu bringen.

Weiterführende Informationen: Wer mehr über Pyrolyse und Biochar erfahren möchte, dem seien die aktuellen Forschungsergebnisse von Prof. Hamed Sanei und Kollegen empfohlen, sowie die Praxiserfahrungen aus Projekten wie dem CO₂-Schatz Artland. Diese zeigen eindrucksvoll, dass Pflanzenkohle weit mehr ist als nur „schwarze Erde“ – sie ist ein schwarzer Schatz für unser Klima.

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